Die Geschichte der Entkeimung durch gepulstes Licht
Einleitung
Bedford (1927) und Gates (1929) ermittelten und berechneten als Erste die keimtötende Wirkung der UV‑Strahlen. Seither war das mit Hilfe von Quecksilberdampf hergestellte UV‑Licht (monochromatische Wellenlänge von 254nm) allgemein bekannt und seine Verwendung zur Entkeimung von Oberflächen und Wasser vollkommen geläufig [1].
Die erreichte UV‑Dosis bewirkte jedoch bei besonders hartnäckigen behandelten Mikroorganismen die gewünschte Zerstörung der DNA erst nach sehr langer Zeit; die Quecksilberdampflampen erwiesen sich somit in bestimmten Fällen als nur begrenzt wirksam.
Die Weiterentwicklung? Eine Lampe, die mittels Edelgas hochintensive, kurze UV‑Impulse generieren kann. Der folgende Rückblick skizziert in groben Zügen die Geschichte der Entkeimung durch gepulstes Licht.
Von den 70er zu den 80er Jahren: die Erforschung
Es war der Japaner Hiramoto, der zu Beginn der 80er Jahre das gepulste Licht als Entkeimungsmethode patentieren ließ. 1984 gelangte das Verfahren in die USA, wo weiter daran geforscht wurde. [2]
Die Patentbeschreibung hat bis heute, also nahezu 40 Jahre später, nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt: "Die vorliegende Erfindung bietet eine Sterilisierungsmethode, welche anhand einer Blitzlicht‑Entladungslampe, die ein breites Lichtspektrum ausstrahlt, die unmittelbare Zerstörung der Mikroorganismen bewirkt, insbesondere des Aspergillus niger und aller anderen primitiven Organismen, gegenüber denen sich die klassischen UV‑Methoden als ineffizient erwiesen haben."
In seinem Forschungsbericht zitiert Hiramoto mehrere ihm vorausgehende Arbeiten, die das rege Interesse für Entladungslampen bezeugen. Laut Hiramoto beruht die keimtötende Wirkung auf 2 Faktoren:
- die Stärke der UV‑Impulse
- die Erhitzung der Mikroorganismen über einen sehr geringen Zeitraum
So hatte etwa der Japaner Kira Takehiro [3] schon 1977 für das Unternehmen USHIO Electric eine Entladungslampe entwickelt und patentieren lassen. Diese Lampe konnte, dank der Verbindung von Quecksilber- und einem Edelgas, eine stärkere UV‑Dosis generieren als die herkömmlichen Lampen, nämlich zwischen 200 und 250nm. Der Anwendungsbereich dafür war allerdings nicht die Entkeimung, sondern die Fotolitografie.
1976 hatten in den USA Edward Webb, Nikolaos Barakitis und Keith Pigott eine Entladungslampe mit Lichtbogenröhre von 36 Zoll (beinahe 100cm!) konstruiert und geprüft. Gegenüber den herkömmlichen, relativ langen Lampen sollte diese Entladungslampe sich durch mehr Stabilität auszeichnen. Das Gasgemisch bestand aus Quecksilber, dem Edelgas Argon sowie einer geringen Menge Nobium. [4]
Im selben Jahr, also 1976, stellte Lowell Tensmeyer in Indien ein Verfahren vor, das die Vernichtung der Mikroorganismen in einem Behälter anhand von Laserstrahlen realisierte. Der keimtötende Effekt wurde durch eine Serie kurzer, ins Behälterinnere gestrahlter Laserimpulsionen erzeugt (zwischen 1µs und 50ms). [5]
1977 schließlich beschrieb das US‑amerikanische Patent N°4035691, eingereicht von Daniel Altman, Glidden Barstow und Myer Geller, die Anfänge des gepulsten Lichts. Eine starke Lichtquelle produziert ein UVA‑Licht zwischen 360nm und 430nm. Die Lampen sind mit Xenon- und Quecksilbergas gefüllt. Die Elektroden werden von einer Elektronik gespeist, die hochintensive Impulse erzeugen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in den 70er und 80er Jahren eine Reihe neuer Konzepte eingeführt wurden: Entladungslampe, kurze Impulsion (< 500µs), das Xenon als Lampengas, eine Elektronik, welche hochintensive Impulse ermöglicht etc. Dies war der Beginn der Entkeimung durch gepulstes Licht.
Von den 80er Jahren zu den 90er Jahren: die Anwendung
1986/87 konzentrierte sich das Maxwell‑Labor gemeinsam mit der kalifornischen Start‑up Alwek Corp (A. Wekhof) auf die Anwendungsmöglichkeiten der hochintensiven UVC‑Strahlen. Dank der fruchtbaren Zusammenarbeit der beiden Forschungseinrichtungen wurden wichtige Erkenntnisse über zahlreiche biologische Arbeitsstoffe gewonnen [7]. Insofern kann man sagen, dass Maxwell‑Labor und Alwek Corp die technologischen Grundlagen der Entkeimung durch gepulstes Licht geschaffen haben.
1988 kaufte das Maxwell‑Labor das Patent Hiramotos und gründete, in finanzieller und wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit Tetrapak, Purepulse Inc. Durch wissenschaftliche Publikationen und Patentanmeldungen leistete Purepulse® in den 90er Jahren einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Technologie. Die Kenntnisse im Bereich Entkeimung durch gepulstes Licht konnten erweitert, neue Anwendungsmöglichkeiten konnten getestet werden [8].
1996 stellte der Purepulse®‑Mitarbeiter Joseph Dunn die Pulsed‑Light‑Behandlung von Lebensmitteln und Lebensmittel‑Verpackungsmaterial vor. In seinem Patent [9] erläutert er, auf welche Weise die Kombination aus gepulstem Licht und anderen Behandlungen (Hitze, Chemikalien, kontrollierte Atmosphäre) die keimtötende Wirkung optimieren können.
Im selben Jahr, also 1996, erfolgt sozusagen die Einweihung der Pulsed‑Light‑Entkeimungsmethode: Die Technologie wird für den Lebensmittelbereich angewendet, und zwar von der US Food and Drug Administration (FDA). Die Behandlung darf insgesamt nicht 12Joules/cm² überschreiten, was jedoch eine ausgesprochen hohe, bei Weitem ausreichende Obergrenze darstellt, wie ein jeder, der mit dieser Technologie vertraut ist, bestätigen kann.
1998 und 1999 führt Purepulse® seine Forschungstätigkeit fort und reicht zwei weitere Patentanmeldungen für die Sterilisierung von Verpackungsmaterial durch gepulstes Licht ein [11], [12], [13].
Parallel dazu gründet 1996 Alexander Wekhof, zuvor mit seinem Start‑up‑Unternehmen Alwek Corp in den USA, die deutsche Firma Wek‑Tek (heute Steribeam), die sich auf die Entwicklung der Pulsed‑Light‑Systeme spezialisiert. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut führt Wekhof 1999‑2000 seine Forschung fort. Er publiziert mehrere wissenschaftliche Arbeiten, welche heute in der ganzen Welt zitiert werden [14].
Seit 2000: Kommerzialisierung
Seit 2000 sind zahlreiche Projekte entstanden; mehrere Firmen wurden gegründet. Ein neuer Markt hat sich aufgetan, und sowohl Patentanmeldungen als auch wissenschaftliche Publikationen zum Thema gepulstes Licht häufen sich.
Wie dieser kurze Rückblick gezeigt hat, stützt sich die Pulsed‑Light‑Technologie, welche immer noch als neue, im Aufbau begriffene Technologie wahrgenommen wird, auf immerhin 50 Jahre Forschung! Alle Zeichen sprechen dafür, dass es sich um eine ausgesprochen zukunftsträchtige Technologie handelt.
[1] Emerging technologies for food processing, edited by Da‑Wen Sun
https://books.google.fr/books?id=mgJ0AwAAQBAJ&printsec=frontcover#v=onepage&q&f=false
[2] Method of sterilization, Tatsumi Hiramoto, US4464336
[3] Discharge lamp, Kira Takeihiro, US4190786
[4] Ultraviolet emitting arc discharge lamp, Edwar Webb, Nikolaos Barakitis and Keith Pigott, US4074166
[5] Method of killing microorganisms in the inside of a contained utilizing a laser beam induced plasma, Lowell Tensmeyer, US3955921. https://worldwide.espacenet.com/publicationDetails/claims?CC=US&NR=3955921A&KC=A&FT=D&ND=4&date=19760511&DB=EPODOC&locale=en_EP
[6] Pulsed laser excitation source, Altman et al., US4035691
[7] Disinfection with Flash Lamp, 2000, Alexander Wekhof
https://www.researchgate.net/publication/12392395_Disinfection_with_flash_lamp
[8] High pulsed voltage systems for extending the shelf life of pumpable food products, Andrew Bushnell, Joseph Dunn, Reginald Clark, 1989 WO9015547
[9] Pulsed light treatment of food products and packagings materials, Joseph Dunn, 1994, US19940927
[10] FDA, Pulsed light for the treatment of food, Title 21, Volume 3, 21CFR179.41, Aug 15, 1996
[11] Parametric control in pulsed light sterilization of packages and their contents, Reginald Clarkk, James Lierman, Donald Lander, joseph Dunn, for PurePulse, US5925885
[12] Sterilization of packages ad their contents using high‑intensity, short‑duration of incoherence, polychromatic light in a broad spectrum, Reginald Clarkk, James Lierman, Donald Lander, Joseph Dunn, US578698
[13] Parametric control in pulsed light sterilization, Reginald Clarkk, James Lierman, Donald Lander, Joseph Dunn, US6566659